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Eigenschaften des Stahls

Die für einen Messerstahl wichtigen Eigenschaften sind Härte, Abriebbeständigkeit, Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit. Leider stehen Härte / Abriebfestigkeit auf der einen und Zähigkeit / Korrosionsbeständigkeit auf der anderen Seite in einem konkurrierenden Verhältnis zueinander. Gemäß den Gesetzmäßigkeiten der Metallurgie wird ein Stahl mit zunehmender Härte spröder und korrosionsanfälliger. Und ein weicherer Stahl mit weniger Kohlenstoff, aber mehr Chrom, ist zwar korrosionsbeständiger, wird aber eine dünne Schneide nicht halten können.

Härte

 

Härte wird definiert als der Widerstand des Stahls gegen permanentes Verbiegen auf mikroskopischer Ebene. Es ist eine in einem Messerstahl erforderliche Eigenschaft, da ein härterer Stahl eine Schneide besser halten kann als ein weicher. Beim Schneiden nutzt sich ein scharfes Messer (Abb. A) durch Abrieb (Kontakt mit Essen und Schneidebrett) und Deformation (Druck mit der Schneide auf das Schneidebrett) ab (Abb B).

        

Abrieb führt zu einer Verrundung der Schneide (Abb. B), während Deformation zu einem Umlegen der Schneide führt (Abb. C).

 

Es ist logisch, dass ein härteres Material eine höhere Abriebbeständigkeit hat und schwieriger zu deformieren ist, so dass der Zustand einer spitzen Schneide wie in Abb. A länger gehalten werden kann.

 

Da ein härteres Material auch bedeutet, dass die Schneide sich weniger einfach umlegen lässt, können Messer aus einem härteren Material mit einem spitzeren Schneidenwinkel geschliffen werden. Wenn der Winkel kleiner ist, kann die Klinge mit weniger Widerstand durch das Schneidgut geführt werden, was wir als Schärfe empfinden.

    

Darüber hinaus wird ein Messer mit einem spitzeren Winkel auch dann noch besser schneiden, wenn die Schneide schon leicht verrundet ist (Abb. B). Aus diesen Gründen hat ein spitzer Winkel an der Schneide einen großen Einfluß auf die Schneidleistung.

        

Leider tendieren härtere Stähle aber dazu, spröder zu sein, was zu Ausbrüchen an der Schneide führen kann.

Grafik mit Schneiden spitze Schneidenkante verrundet umgelegte Schneide

A

B

C

Abriebbeständigkeit

 

Eine hohe Abriebbeständigkeit des Stahls ist der Schlüssel zur einer guten Schneidhaltigkeit oder wie lange eine Klinge die Schärfe hält, da abnehmende Schärfe beim Gebrauch in der Küche in erster Linie auf Abrieb zurückzuführen ist, durch Reibung zwischen Klinge und Schneidgut / Schneidebrett. Eine höhere Abriebbeständigkeit wird in einer geringeren Abnutzung resultieren, und die Schärfe länger erhalten bleiben.

  

Ein Faktor, der die Abriebfestigkeit verbessert, ist die Härte des Stahls, aber nicht der Einzige. Mehr noch als die Härte haben die Zusammensetzung des Stahls, die Art der Karbide im Stahl, sowie Größe und Volumen der Karbide eine Auswirkung auf die Abriebbeständigkeit.

        

Elemente im Stahl wie Vanadium oder Wolfram bilden sehr harte und zähe Karbide und erhöhen die Abriebbeständigkeit im Vergleich zu einem Stahl mit gleicher Härte, aber ohne diese Legierungselemente. Der gleichen Logik folgend, erhöht auch ein größeres Volumen (höherer Anteil) der Karbide im Stahl die Abriebbeständigkeit. Denn je härter die Karbide sind und je mehr Karbide man hat, desto länger braucht man, um diese abzureiben.

Zähigkeit

 

Die Zähigkeit (auch Duktilität genannt) wird definiert als Fähigkeit eines Stahls zur Absorption von Energie bei plastischer Verformung, ohne dass es zu Rissen oder Brüchen kommt. Eine hohe Zähigkeit ist in einem Messerstahl erwünscht, da sie die Empfindlichkeit der Klinge im täglichen Gebrauch reduziert, z.B. beim Schneiden von härteren Dingen. Die Zähigkeit steht i.d.R. in einem konkurrierenden Verhältnis zur Härte. Je zäher man einen Stahl macht (z.B. durch Anlassen bei höheren Temperaturen) desto weicher wird er.

  

Deshalb wird es immer das Ziel eines Messerhersteller sein, entweder die maximale Zähigkeit bei einer gegebenen Härte zu erreichen, oder die maximale Härte bei einer definierten Zähigkeit. Dies kann sowohl durch Material, als auch Wärmebehandlung beeinflusst werden.

  

Wie zäh ein Messer sein muss, hängt in erster Linie von der Verwendung ab. Ein Yanagiba, mit dem man Sushi schneidet, muss in erster Linie scharf sein, aber nicht unbedingt zäh, während ein Ausbeinmesser, mit dem man auf Knochen schneidet, zäh sein muss, aber nicht unbedingt so scharf.

Korrosionsbeständikgeit

 

Korrosionsbeständigkeit wird definiert als die Fähigkeit einer Klinge, den Kontakt mit Wasser oder Säuren ohne chemische Reaktion zu überstehen. Stahl besteht überwiegend aus Eisen und Kohlenstoff, beides hochgradig korrosiv. Beim Schneiden kommt die Klinge in Kontakt mit Wasser und Säure und es kann zu einer chemischen Reaktion kommen, die zu Korrosion in Form von Rost oder sogar Lochfraß führt. Das Hinzufügen von Legierungsbestandteilen in einem Stahl kann die Korrosionsanfälligkeit erhöhen oder reduzieren. I.d.R. führt in einem Stahl die Erhöhung des Kohlenstoffanteils zu einer Erhöhung der Korrosionsanfälligkeit, während z.B. eine Erhöhung des Chromanteils diese reduziert. In Messerstählen heute wird Korrosionsbeständigkeit in erster Linie durch Hinzufügen von Chrom erzeugt.

  

Man redet von rostträgem Stahl (nicht rostfrei!) bei einem Chromanteil von ca. 11%. Dies kann aber nur als Faustregel betrachtet werden. Chrom bildet eine passive Chromoxidschicht auf der Oberfläche, welche den Stahl vor Korrosion schützt. Dafür benötigt man aber einen Mindestgehalt an Chrom. Eine Erhöhung des Anteils darüber hinaus erhöht die Stärke des Passivfilms. Elemente wie Molybdän oder Stickstoff bilden selbst keinen Passivfilm, verstärken aber die existierende passive Chromoxidschicht.

        

In dieser Betrachtung muss aber unbedingt auch der Kohlenstoffanteil berücksichtigt werden. Denn je höher der Kohlenstoffanteil ist, desto mehr Chrom wird in Chromkarbiden gebunden, so dass nur ein Teil des Chroms im Stahl gelöst wird und zur Bildung der Oxidschicht zur Verfügung steht. Ein Stahl z.B. mit 12% Chrom, aber 1.5% Kohlenstoff, hat in gehärtetem Zustand zu wenig freien Chrom in Lösung, um eine ausreichend starke Oxidschicht zu bilden und somit als rostträge zu gelten. Folglich benötigt man in Stählen mit einem hohen Kohlenstoffanteil mehr als 12% Chrom, um eine vernünftige Korrosionsbeständigkeit zu erzielen.

        

Man unterscheidet folgende Kategorien von Messern anhand ihrer Korrosionsbeständigkeit:

  • reiner Kohlenstoffstahl mit geringem oder keinem Chromanteil

  • "semi" rostträge“ bei einem Chromanteil von unter 11% in Lösung

  • rostträge bei einem Chromanteil von über 11% in Lösung

 

Im täglichen Gebrauch in der Küche wird sich die Korrosionsbeständigkeit dadurch zeigen, wie lange es dauert, bis Rost oder Lochfraß auf der Klinge sichtbar werden, z.B. wenn man ein Messer mit Essensrückständen ungereinigt über eine längere Zeit liegen lässt, es im Spülwasser liegen lässt oder schlimmstenfalls in der Spülmaschine reinigt. Jedoch werden viele Messer, die nach obiger Definition lediglich "semi-rostträge" sind, im täglichen Gebrauch keine Korrosionsspuren zeigen, wenn man sie nicht in der Spülmaschine reinigt.

 

Daraus leitet sich ab, dass das für einen Nutzer erforderliche Niveau an Korrosionsbeständigkeit bei einem Messer entscheidend von den Gewohnheiten beim Gebrauch und Reinigen abhängt. Wenn die Klinge sofort nach dem Gebrauch gereinigt wird, wird ein Nutzer mit einem harten Messer aus Kohlenstoffstahl sehr gut arbeiten können. Wenn es aber in die Spülmaschine muss, dann gibt es keine Alternative zu einem weichen Messer mit wenig Kohlenstoff, aber viel Chrom.

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