Härten durch Wärmebehandlung
Grundlagen der Wärmebehandlung von Stahl
Ohne eine passende Wärmebehandlung wird selbst aus dem besten Stahl kein gutes Messer. Direkt von einem Stahlhersteller bezogener Stahl ist weich und ohne weitere Bearbeitung nicht für die Herstellung von Messern geeignet. Erst durch ein "Härten" wird dieser Stahl zu "Messerstahl". Über eine perfekte Wärmebehandlung kann man aus einem mittelmäßigen Stahl ein gutes Messer machen, aber auch den hochwertigsten Stahl durch eine schlechte Wärmebehandlung ruinieren, so dass daraus ein Messer wird, welches übermäßig anfällig für Korrosion und Ausbrüche an der Schneide ist.
Das Erhitzen führt zu einer Neuanordnung der Atome im Stahl, was eine Veränderung der Eigenschaften zur Folge hat. Eine Wärmebehandlung ist ein sehr sensibler Prozess, bei dem geringe Abweichungen in den Parametern (Temperatur und Haltezeit) zu stark veränderten Eigenschaften führen können. Deshalb ist es von essentieller Bedeutung, dass die Wärmebehandlung mit professionellem Equipment in einer kontrollierten Umgebung stattfindet.
Küchenmesser bewegen sich zwischen 45 HRC (Härte auf der Rockwell-Skala C) bei den billigsten Messern und über 70 HRC bei Messern aus den teuersten Pulverstählen. Dabei muss man berücksichtigen, dass die Rockwell-Skala exponentiell und nicht linear verläuft. Dies bedeutet, dass eine Erhöhung von 50 auf 51 HRC eine deutlich geringere Steigerung der Härte zur Folge hat als eine Erhöhung von 64 auf 65 HRC.
Phasen der Wärmebehandlung
Der Stahl wird auf Temperaturen von ca. 1000°C erhitzt und dadurch in Austenit umgewandelt (Austenitisierung). Austenit ist keine stabile Phase und existiert nur bei Temperaturen > 800°C.
Der Stahl wird danach abgeschreckt (in Luft, Wasser oder Öl), um eine möglichst schnelle Abkühlung auf Raumtemperatur zu erreichen. Dadurch erfolgt eine Umwandlung in Martensit, eine harte, nadelförmige Struktur, welche sehr spröde ist, zu spröde für Messer.
Deshalb wird der Stahl bei Temperaturen > 150°C "angelassen", wodurch er final in Ferrit und Cementit umgewandelt wird, eine etwas weichere, aber deutlich zähere und stabilere Phase.
Austenit
Martensit
+
Zementit
Ferrit
Eishärten
Eine komplette Umwandlung von Austenit in Martensit ist auch bei einer sehr schnellen Abkühlung auf Raumtemperatur schwierig zu erzielen, so dass "Restaustenit" im Stahl verbleibt. Restaustenit hat negative Auswirkungen auf die Eigenschaften des Stahls, da es sowohl Härte, als auch Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit reduziert.
Durch ein kryogenisches Behandeln des Stahls bei Temperaturen unter -70°C (was auch als "Eishärten" bezeichnet wird) kann Restaustenit in Martensit umgewandelt werden, mit positiver Auswirkung auf alle Eigenschaften des Stahls.
Eishärten wird i.d.R. in Kühlboxen bei -70°C oder in flüssigem Stickstoff bei -196°C durchgeführt.
Da die Wärmebehandlung eine hochkomplexer physikalischer Prozess ist, kann die obige Kurzbeschreibung nur ein simplifizierte Darstellung sein. Eine fundierte wissenschaftliche Abhandlung der Wärmebehandlung von Messerstählen kann unter der folgenden Webadresse eingesehen werden: www.knifesteelnerds.com.